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von: Admin

Seit Beginn des Jahres 2024 haben sich die Bewertungsmaßstäbe für vererbte Immobilien geändert. Erben müssen damit mit hohen Steuerforderungen rechnen. Was zu beachten ist, wenn man die Immobilie verkaufen, vermieten oder selbst bewohnen möchte.

Im Landkreis Landsberg am Lech in Oberbayern steht das teuerste Haus Deutschlands. 15 Millionen € soll das Anwesen am Ammersee mit Steg, zwölf Zimmern und rund 6300 Quadratmetern kosten. Doch es muss gar nicht das teuerste Haus in Deutschland sein. Wohnungen und Einfamilienhäuser sowie Reihenhäuser sind allgemein kaum noch preiswert zu bekommen. Insbesondere in Bayern rund um München sind die Preise extrem hoch: Rund 3.530 € kostet dort der Quadratmeter für Häuser im Schnitt.

Wer im Besitz einer Immobilie ist, dürfte sich über Preisentwicklungen dieser Art freuen. Erben hingegen schauen spätestens nach der seit Jahresbeginn in Kraft getreten Neubewertung von Immobilien genauer hin. Immer öfter übersteigen die Immobilienwerte nun die Steuerfreibeträge. Und das kann in Erbfällen richtig teuer werden.

Seit dem 1. Januar 2023 folgt der Gesetzgeber den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, dass sich die Bewertung von Immobilien stärker an aktuellen Marktwerten orientieren soll. Die neuen Regeln bei der Berechnung der Erbschaftssteuer und der Bewertung von Immobilien, verankert im jährlich verabschiedeten Jahressteuergesetz, wurden am 2. Dezember 2022 vom Bundestag beschlossen, Mitte Dezember stimmte der Bundesrat zu.

Bewertung von Immobilien: Die drei Verfahren

Die neuen Änderungen der Immobilienbewertungen betreffen von den drei steuerlichen Bewertungsverfahren das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Das Vergleichswertverfahren bleibt unberührt.

Beim Sachwertverfahren wird der Wert der Immobilie aus der Bausubstanz und dem Bodenwert errechnet. Dabei spielen die Herstellungskosten eine zentrale Rolle. In der Regel wird das Sachwertverfahren nur bei besonderen Verkaufsbedingungen eingesetzt. Etwa wenn das Vergleichswertverfahren nicht verwendet werden kann, weil kaum Vergleichswerte von ähnlichen Immobilien existieren. Das betrifft meist Immobilien im ländlichen Raum oder auch Villen sowie Schlösser.

Beim Ertragswertverfahren wird der Wert der Immobilien anhand seiner Erträge errechnet. Das können Miete oder auch Pacht sein. Auch hier ist der Bodenwert wichtig. So werden in diesem Verfahren also der Wert des Grundstücks und der Wert der baulichen Anlagen voneinander getrennt betrachtet. Denn: Der Boden verliert nicht an Wert. Bei der Immobilie selbst ist jedoch von einer bestimmten Restnutzungsdauer auszugehen. Zum Einsatz kommt dieses Verfahren oft bei Mehrfamilien- oder Geschäftshäusern.

Beim Vergleichswertverfahren werden beim Verkauf ähnlicher Objekte erzielte Preise in der Umgebung verglichen und zur Bewertung herangezogen. Steigen die Preise nebenan, wirkt sich das direkt auf die Besteuerung aus. Diese Methode gilt als besonders präzise. Weil sie auf konkrete Werte realer Käufe basiert, kann sie das Marktgeschehen gut abbilden. Liegen jedoch keine Vergleichsobjekte vor, kommt das Sachwertverfahren zum Einsatz.

Wer nun eine Immobilie erbt, muss sich auch die Frage stellen: Was mache ich mit der Immobilie? Möchte man selbst darin leben? Möchte man die Immobilie vermieten? Oder kommt gar infrage, das Haus oder die Wohnung zu verkaufen? Je nach Plan fällt die Steuerlast unterschiedlich hoch aus.

Verwandtschaftsverhältnisse Freibeträge Steuerklasse
Ehegatten, Lebenspartner € 500.000 1
Kinder, Stiefkinder, Enkelkinder* € 400.000 1
Enkelkinder € 200.000 1
Eltern, Großeltern € 100.000 1
Geschwister, deren Kinder, Stiefeltern, Schwiegerkinder € 20.000 2
nicht verwandt € 20.000 3
*Wenn Eltern verstorben
Wert des Erbes Steuerklassen 1 Steuerklasse 2 Steuerklasse 3
bis 75.000€ 7% 15% 30%
bis 300.000€ 11% 20% 30%
bis 600.000€ 15% 25% 30%
bis 6000.000€ 19% 30% 30%
bis 13.000.000€ 23% 35% 50%
bis 26.000.000€ 27% 40% 50%

Beispiel-Immobilie für die ein Gebäudesachwert von 150.000 € ermittelt wurde Einfamilienhaus 150 m² – ein Wertverlust der Substanz von jährlich 2% wird angenommen. Dazu addiert man den Grundstückswert, der bisher entscheidend war. Dann kommt man auf einen Immobilienwert von 550.000 €. Beim Grundstückswert wird davon ausgegangen, dass sich das Haus auf einem 800 m² Grundstück mit 500 € Richtwert befindet – 400.000 € kommen demnach zu Gebäudesachwert hinzu. Nach den bisherigen Verfahren wäre der Freibetrag für Kinder 400.000 € demnach bereits überschritten. Die Steuerlast auf die 150.000 € läge bei elf Prozent. 16.500 € wären fällig. Neu nun ist, dass häufiger der Sachwertfaktor ins Gewicht fällt. Je besser die Lage der Immobilie, desto höher nun der Faktor. Liegt er bei einem Wert von 1,4 käme man bei der Beispiel-Immobilie auf einen Gesamtwert von 770.000 €, so die Beispielrechnung. Für die erbenden Kinder würden 55.500 € Erbschaftsteuer anfallen.

Geerbte Immobilie verkaufen

Will man nun die Immobilie verkaufen, würden am Ende noch mehr als 700.000 € übrigbleiben. Die Wertsteigerung der Immobilie würde sich demnach für die Erben bezahlt machen.

Geerbte Immobilie vermieten

War die Immobilie zum Zeitpunkt des Erbeintritts bereits vermietet, wird der Wert um zehn Prozent gesenkt. Es müssen aber auch wirklich Mieter in der Immobilie gewohnt haben. Wird erst nach dem Erbfall gemietet, gilt das nicht.

Wenn man gut vorplant, kann man dem Finanzamt gegenüber mitteilen, dass man die Immobilie schon lange vermieten will. Wenn die Immobilie nun zum Erbzeitpunkt vermietet ist, können die Erben beim Finanzamt beantragen, die Steuerzahlung auf zehn Jahre aufzuschieben. Das geht jedoch nur, wenn den Erben kein anderes Geld zur Verfügung steht, um die Steuer zu bezahlen.

Oft denken die Erben erst nach dem Nachlassübergang daran, die Immobilie zu vermieten. Wenn das Haus oder die Wohnung jedoch schuldenfrei sind, kann man sie leicht mit einem Kredit belasten, um die Steuerlast auszugleichen. Man kann auch Geld für Renovierungen nehmen. Wenn beispielsweise das geerbte Haus wertvoll ist, kann man einen Kredit mit niedrigen Zinsen bekommen und die Steuerlast begleichen. Für das Beispiel der „Welt“ würde das bedeuten, dass 100.000 € für 3,5 % Zinsen aufgenommen werden könnten, um die 55.500 € Erbschaftsteuer zu zahlen. 45.000 € würden für eine Sanierung übrigbleiben. Um den Kredit zu tilgen, dürften die monatlichen Mieteinnahmen reichen.

Geerbte Immobilie selbst bewohnen

Die Steuerlast kann sogar entfallen. Sollten die Erben innerhalb von sechs Monaten nach dem Nachlassübergang in die Immobilie einziehen und sie mindestens zehn Jahre lang als Hauptwohnsitz nutzen, müssen sie keine Steuer zahlen.

Aus einem Urteil des Bundesfinanzhofes geht zudem hervor, dass alles, was eine Obergrenze von 200 m² überschreitet, anteilig besteuert werden muss. Wenn es Gründe gibt, warum die Erben erst später einziehen, kann das Finanzamt eine Verlängerung gewähren.

Steuerfrei:Wenn im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Auf die Haltedauer kommt es nicht an.

Gewinnermittlung:Verkaufserlös ./. Anschaffungs,-Herstellungskosten ./. anschaffungsnahe Aufwendungen ./. Veräußerungskosten + AFA soweit in der Vergangenheit als Werbungskosten erklärt wurden = Gewinn.

Steuerpflichtig:Verkauf von vermieteten Objekten innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb oder Fertigstellung.

Steuersatz:individueller Steuersatz im Rahmen der Einkommensteuererklärung.

Steuerfalle Immobilienverkauf

Achtung Steuerfalle beim Immobilienverkauf. Vermeiden Sie eine mögliche Spekulationssteuer! Verkaufen Sie eine Immobilie innerhalb von 10 Jahren, müssen Sie einen evtl. Gewinn mit Ihrem persönlichen Steuersatz versteuern. Maßgeblich für die 10-Jahresfrist ist jeweils das Datum des Notarvertrages – nicht der Lastenübergang!

Wie umgehen Sie die Steuerfalle Immobilienverkauf. Dazu sieht der Gesetzgeber zwei (jetzt drei) Ausnahmen vor: 1.) Wenn im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, ist ein Verkauf steuerfrei.

2.) Gleiches gilt, wenn Eltern ihrem Kind eine Wohnung zur Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht (also unentgeltlich) zu ausschließlich eigenen und zeitlich ununterbrochenen Wohnzwecken überlassen (Az. 8 K 2166/14 FG Baden-Württemberg). Die Selbstnutzung des Kindes ist mit der Selbstnutzung der Eltern gleichgestellt, solange das Kind nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat. Ein Mietvertrag mit dem Kind wäre allerdings steuerschädlich.

3.) Am 3. September 2019 urteilte der Bundesfinanzhof (BFH Az. IX R 10/19): Ein Veräüßerungsgewinn bleibt steuerfrei, wenn die Wohnung zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Auf die Haltedauer kommt es dabei nicht an. Der Gewinn ist auch dann steuerfrei, wenn die Wohnung nach kurzer Zeit wieder verkauft wird.

Steuerfalle Verkauf bei vermieteten Immobilien

Wenn Sie eine vermietete Immobilie aus Ihrem Privatbesitz innerhalb der Zehnjahresfrist verkaufen, ist ein evtl. Veräußerungsgewinn zu versteuern. Anders verhält es sich, wie oben dargestellt, bei einer Selbstnutzung. Die Selbstnutzung bei einem längerfristig geplanten Verkauf bietet einen kleinen Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Zeitraums. Steuerfrei ist ein evtl. Gewinn dann, wenn im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Jahren die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken (selbst oder Kind s. o.) genutzt wurde. Zum Beispiel: Die Selbstnutzung beginnt am 01.01.2016. Ein Verkauf in 2017 und in 2018 wäre steuerschädlich. Im Januar 2019 wäre der Verkauf dann steuerfrei, nach nur 25 Monaten. Fristen beachten!

So wird ein Gewinn aus dem privaten Immobilienverkauf berechnet:

Verkaufserlös
– Anschaffungskosten (inkl. Nebenkosten)
– nachträgliche Herstellungskosten bei Neubauten = vorläufiges Ergebnis
– In Abzug gebracht werden können die Werbungskosten. Hierzu zählen Zeitungs- und Onlineinserate, Maklergebühren, Notarkosten, Grundbuchgebühren, Telefonkosten, Fahrtkosten, Räumungskosten, Vorfälligkeitsentschädigung, Renovierungskosten nach Beendigung der Nutzung, Schuldzinsen für die Zeit des Leerstehens, evtl. verbleibende Schuldzinsen nach dem Verkauf (BFH Az. IX R 67/10).
+ Hinzugerechnet werden in Anspruch genommene Abschreibungen (!). = Gewinn (evtl. Verlust) aus dem Verkauf
Einen Freibetrag gibt es nicht, nur eine Freigrenze von 600,00 €, gilt für alle privaten Veräußerungsgeschäfte. Die Spekulationssteuer ist in dem Jahr zu entrichten, an dem der Gewinn zugeflossen ist (Zuflussprinzip).

Erbschaften und Schenkungen

Wichtig ist der Anschaffungszeitpunkt und die Nutzung durch den Erblasser oder Schenker. Liegt der Zeitpunkt mehr als 10 Jahre zurück, können Sie sofort verkaufen, egal ob die Immobilie selbst bewohnt oder vermietet war. Ist die Zehnjahresfrist noch nicht verstrichen, gelten die gleichen Regelungen wie oben.

Verkauf nach Scheidung

Vorsicht ist auch geboten, wenn beide Ehepartner Eigentümer sind und einer der Partner nach der Scheidung aus der gemeinsamen Wohnung / Haus auszieht und seinem früheren Ehepartner seinen Anteil am Objekt überlässt. Dies ist als privates Veräußerungsgeschäft zu werten mit der Folge das, sofern die 10-Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist, der Gewinn steuerpflichtig ist. (BHF, Az. IX R 11721). Der Verkauf selbst bewohnter Immobilien ist zwar in der Regel steuerfrei. Verlässt jedoch einer der Partner das gemeinsame Heim, nutzt er das in seinem Miteigentumsanteil stehende Objekt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken.

Ferienwohnungen-

Wenn eine Ferienwohnung verkauft wird und zwischen Anschaffung / Fertigstellung und Verkauf 10 Jahre vergangen sind, ist der Verkauf steuerfrei. Wenn sie jedoch im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, ist auch hier ein Verkauf steuerfrei. Selbst dann, wenn die Immobilie nur zeitweise genutzt wurde, in der übrigen Zeit aber als Wohnraum zur Verfügung stand (BMF-Schreiben v. 05.10.2000, Rz. 22). Die Eigennutzung ist nachzuweisen.

Weitere Urteile: BMF erweitert Ausnahmeregelung

Es ist unschädlich, wenn das Wirtschaftsgut im Anschluss an die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nach den vorgenannten zeitlichen Kriterien im Jahr der Veräußerung vermietet wird. (Az. IV C1 – S2256708710006 :006)

BHF-Urteil zur nicht permanenten Wohnnutzung (Az. IX R 6/18)

Eine Wohnung wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie der Steuerpflichtige nur zeitweise bewohnt, sofern sie ihm in der übrigen Zeit zur Verfügung steht. Denn eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Was auf keinen Fall geht, ist eine zwischenzeitliche Vermietung, sei es auch nur für wenige Tage.

Diese Informationen stellen keine Steuer- oder Rechtsberatung dar.

Bitte lassen Sie die Sachverhalte in Ihrem konkreten Einzelfall von einem Steuerberater klären.
Quelle: steuertip 24/21